Ob Wanderfahrt oder Wettbewerb – Der Rübenacher Markus Müller kennt das feuchte Element
Sein Markenzeichen – das blaue Kopftuch. Seine Leidenschaft – das Rudern. Seit vierzehn Jahren betreibt Markus Müller den Wassersport in der Marathon- und Ultralangstreckendistanz auf höchstem europäischem Niveau. Dabei erfüllt der 1,98 m große Riese aus Rübenach nicht unbedingt das Klischee des muskulösen Athleten. „Gerade auf extremen Langstrecken erweist sich schwere Muskelmasse als kontraproduktiv. Da ist mehr die gute Ausdauer gefragt“, erklärt Müller. Als er einmal auf einer Trainingsfahrt in sechs Tagen von Schaffhausen nach Neuwied rudert, macht die Mannschaft auch Rast in Kehl. Dort bezeichnet sie eine Wirtin aufgrund ihres unscheinbaren Aussehens scherzhaft gar als „schmutzige Handtücher“.
Neuwied ist auch Müllers Heimathafen. Hier startet er für den GTRVN, den Gymnasial-Turn-Ruder-Verein Neuwied 1882 e. V. Daneben ist Müller Mitglied in der NRG, der Neuwieder Ruder-Gesellschaft von 1883 e. V. sowie im PSVK, dem Post-Sportverein Koblenz e. V.
Der 39-jährige Ehemann und Vater einer zweijährigen Tochter ist beruflich als Maschinenbauer in der Produktinnovation tätig. „Für meinen zweiten ‚Job‘ als Ruderer investierte ich ca. vier Stunden täglich. Seit der Geburt unserer Tochter kann ich dieses Pensum freilich nicht mehr erfüllen“, gesteht Müller mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Von seinen bisherigen Erfolgen sticht der Gesamtsieg bei der Tour du Léman 2019 (= Genfer See) heraus. Im Kreis der Langstreckenruderer wird diese Regatta üblicherweise als „heimliche“ oder „inoffizielle“ Weltmeisterschaft bezeichnet. Bei der rund 160 km langen Regatta rund um den Genfer See verbrachte Müller im Doppelvierer mit Steuermann über 13 Stunden auf dem stürmischen See. „Manchmal kommt man vor Erschöpfung allein kaum mehr aus dem Boot heraus“, verrät er. Gewöhnlich gehen bei Extremrennen wie diesem sogenannte Rudergemeinschaften an den Start. So auch hier, als Vereinsruderer aus Leverkusen, Köln und Kleve zusammen mit dem Neuwieder Müller im Boot saßen.
Rein persönlich betrachtet Müller hingegen den (erstmaligen) Gewinn des Rheinmarathon 2013 als wichtigsten Erfolg seiner bisherigen Karriere. Schließlich siegte er mit einer damals noch gänzlich unbekannten Mannschaft aus Kölner und Neuwieder Athleten. Dabei hatte man auf der 42,8 km langen Strecke von Leverkusen nach Düsseldorf nebst 142 anderen Booten sogar ein absolutes Weltklasse-Team hinter sich gelassen. Dieses war gespickt sowohl mit Gewinnern international wichtiger Regatten als auch mit Indoor-Spezialisten. Nach diesem völlig unerwarteten Sieg hat er den Rheinmarathon noch sieben Mal in Folge gewonnen.
Darüber hinaus kann Markus Müller viele Erfolge in den benachbarten Niederlanden bei verschiedenen Regatten vorweisen. Beispielsweise bei der renommierten Elfstedentocht (= Elfstädtetour) erreichte er 2014 Platz 2 im Doppelzweier mit Steuermann. Zuvor hatte die rein aus Neuwiedern bestehende Rudergemeinschaft die gut 210 km lange Strecke, vorbei an elf friesischen Städten, in knapp 21 Stunden bewältigt. 2016 und 2017 gehörte Müller zum Gewinnerteam in der Kategorie „Buiten 6“ (sie wird langläufig als „Bullenklasse“ bezeichnet, besteht aus 6 Ruderern in einem Zweier mit Steuermann und wird mit dieser Mannschaft als Staffel ausgeübt), jeweils mit neuem Streckenrekord. Der alte Streckenrekord wurde dabei um über eine Stunde verbessert. „Das Schönste am Marathonrudern ist für mich das Aufeinandertreffen von Breiten- und Hochleistungssportlern“, stellt Müller immer wieder fest.
Eine völlig andere Disziplin, die Müller ebenfalls ausübt, ist das Wanderrudern. Hierbei richtet sich der Blick der Ruderer auf die Schönheit der Landschaft. Seit 2011 betreibt Markus Müller diese Variante mit ein und demselben Partner – Michael Ehrle. „In Deutschland sind wir so gut wie jeden bedeutenden Fluss abgefahren“, berichtet Müller. Den Rhein haben sie vom Bodensee bis hin zu seinen holländischen Verästelungen erkundet. Die Moldau entlang ruderte das Duo schon durch die tschechische Hauptstadt Prag. Mittlerweile haben die beiden Extremsportler mit über 20.000 km die Hälfte des Erdumfangs gemeinsam im Boot zurückgelegt. Den vom Deutschen Ruderverband verliehenen „Äquatorpreis“ konnte Müller bereits 2019 – nach nur 9 Ruderjahren – entgegennehmen. Für die Gewährung dieser Auszeichnung werden 40.077 Ruderkilometer gefordert. Diese Auszeichnung berücksichtigt die individuell geruderten Strecken. Der entsprechende Preis im Team mit Michael Ehrle wird zwar nicht vergeben und ist somit rein fiktiv. Trotzdem besteht darin das langfristige Ziel der beiden (Ruder-)Kameraden. 20.000 km liegen also noch vor ihnen, denn: „Zurückgerudert wird nicht!“ – Rhein Zeitung vom 10.06.2022
Redaktion unser-ruebenach.de – 01.08.2022
Nachfolgend einige Fotoimpressionen von Regatten und Trainingsfahrten.