Liebeserklärung an den Rübenacher "Bröckerbach"

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1834

von Hans Gappenach

broeckerbachWie kann man einem wenig poetisch und romantisch veranlagten Menschen aus der Welt der kommerziell ausgerichteten Gegenwart klarmachen, dass hier eine Lobeshymne gesungen werden soll auf einen Bach, ein kleines Rinnsal also, das an heißen Sommertagen möglicherweise für die in der Nähe wohnenden Anlieger nicht immer Freude brachte, vielmehr, wenn der Schlamm zu riechen begann, in gewissen Grenzen vielleicht auch eine Brutstätte für Fliegen, Ratten und ähnliches Ungeziefer war. Das wird nicht leicht sein!

Der Bröckerbach (Red. heute Brückerbach) gehört zum Ortsbild von Rübenach seit eh und je. Schon häufig gab es Pläne, ihn im Zuge von Kanalisationsarbeiten verschwinden zu lassen und unterirdisch aus der Gemarkung abzuleiten. In machen Ortsteilen wurde er verrohrt – beispielsweise in der „Bachstraße“ (heutige Grabenstraße) – und so dem Blick entzogen.

brueckerbach_3„Die Bach entspringt eine halb Stund ober Rübenach und verlauft sich wiederum eine halb Stund unter dem orth nemlich in den Wiesen“, so beschreibt eine ältere Quelle diesen kleinen Wasserlauf. In seinen Hauptadern aus der Gemarkung „im Sentnicher Weg“ kommend, weitere, teils unterirdische Quellen aus dem „Otter“, aus dem Dorf selbst und dem „Wäschebuur“ (Bereich Gülser Weg) hinzugewinnend, durchläuft der Rübenacher Bach den Ort genau in der Mitte, vom ehemaligen Sportplatz aus streckenweise gefasst, dann in ein Wiesengelände einmündend in großen Kehren bis an die Hauptstraße (heute Aachener Straße). Von dort bietet er ein völlig anderes Bild; hochgelegen fließt er in weiten Määndern nach Bubenheim hin.

brueckerbachAuf seiner ganzen Länge trieb der Bach – wasserreich selbst im heißesten Sommer – früher verschiedene Mühlen, von denen die meisten noch stehen. Alte Quellen nennen immer acht, in neuester Zeit ließt man von zehn; das ist jedoch irrig und kommt von Doppelzählungen her, da einige Mühlen häufig den Besitzer wechselten und damit auch ihre Namen. In der schon genannten Urkunde von 1784 heißt es: „Ungeachtet die Bach nur eine Stund wegs weith entspringt und wiederum versenkt, so treibt sie dennoch acht Mühlen: nämlich die beiden Gappenachs Mühlen, die Mühlenpeters-, die Dötschen-, die Doppel-, die Hahns-, Zilzen- und Kiliansmühle“. Heute kennt man nur noch einige unter diesem Namen. Eine Lebensader war also hier der Bach, indem er mit seinen Kräften die mahlenden Mühlsteine trieb, die der Dorfbevölkerung, aber auch teilweise für die Bewohner der Stadt Koblenz, das Mehl bereiteten.

Den Namen „Bröckerbach“ trägt die kleine Wasserader eigendlich nur im Bereich der Brücke. Am Ortsbeginn schnitten sich Bach und Hauptstraße (Aachener Straße) nach Koblenz. Dort war immer ein Brückenbauwerk vonnöten. Deshalb hieß jenes Gebiet zu allen Zeiten der Bröckerbach.

Wie vielen alten Rübenachern mag dieser Punkt eine Quelle schöner Erinnerungen sein! Immer mit hohen Bäumen bestanden, galt er als „heimelig-unheimlicher“ Ort. In manchen Sagen und Erzählungen taucht er auf.

Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Begriff „Bröckrebach“ für die kleinen Hosenmatze ein Zauberwort. Der Name schon ließ ehedem, als Ziel für einen „Sonntagmorgen-Spaziergang“ genannt, ihre Herzen höher schlagen. Das war ein wirklicher Ausflug! Ein weiter Gang! Besonders wenn er auf Umwegen über die Kruppstraße und den Strauß-Pfad erreicht wurde. Da war Leben! Da traf man andere Kinder. Da konnte man massenweise saubere Steine aus dem Wasser fischen und an anderer Stelle wieder  hineinplatschen. Schiffchen konnte man auf der einen Seite der Unterführung los schwimmen lassen, um hinüber zu laufen und zu warten, bis sie aus der Dunkelheit wieder zu Vorschein kamen.

brueckerbach_2Schön war auch das umliegende Wassergelände, ein unberührtes und damals wenig betretenes Gebiet. Die Jungen suchten sich in den sumpfigen Tümpeln die Frösche und Salamander für ihr Hausaquarium; die Mädchen fanden Blumen zu jeder Jahreszeit.

Die Weiden am Wasserlauf lieferten den Kindern – nun größer geworden – immer frische Schösslinge zum Schnitzen von Pfeifen. Schließlich – wie der Lauf der Welt es will, dass Jungen und Mädchen zusammenfinden –,  war der „Bröckerbach“ ein schnell über die Lippen gehauchtes Wort, wenn ein Pärchen nach einem Treffpunkt für ein Rendezvous suchte.

Aber auch Sorgen bereitete dieser Bach den Rübenachern. Bei starken Regenfällen trat er über die Ufer. Beim großen Wolkenbruch am Pfingstmontag dem 16. Mai 1932, wurde er gar zu einem Strom von unübersehbarer Breite, verwüstete weite Landstriche und bildete am Bröckerbach einen See vom Bahndamm bis zum Dorf. Kälber und Schweine aus den Ställen hatte er ertränkt und mit sich fortgerissen, Möbel aus Wohnungen und Ackergerät vom Hof. Selbst Menschen brachte er in Lebensgefahr.

So hat der Bach das Schicksal des Dorfes stets geteilt, die schönen wie die bösen Stunden. Er hat die Ansicht und das allgemein Atmosphärische von Rübenach westlich mitbestimmt.
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